miit der kleinformatigen Zeichnung von August Walla (1936 – 2001) ist seit
kurzem einer der bedeutendsten Vertreter der Art brut im Bestand der
Sammlung vertreten. Der vom französischen Maler Jean Dubuffet geprägte
Begriff subsumiert künstlerische Arbeiten, die von Menschen mit psychischen
Erkrankungen sowie auch von gesellschaftlichen Außenseitern kreiert werden.
Im Genrebegriff, in der Übersetzung etwa ›rohe Kunst‹ bedeutend, wird
zugleich eine über diesen Kontext hinausweisende Urwüchsigkeit und
Direktheit definiert.
Der Name Walla ist eng mit dem heutigen museum gugging in Österreich
verbunden. Dieses befindet sich in dem ehemaligen Krankenhausgebäude der
2007 aufgelösten »NÖ Landesnervenklinik Ost – Klosterneuburg-Gugging«, wo
der Künstler ab 1983 – zunächst gemeinsam mit seiner Mutter – bis zu seinem
Tod 2001 lebte. Diese Umgebung eignete er sich bildkünstlerisch an,
hinterließ an Wänden, Einrichtungsgegenständen und in der Landschaft seine
Bemalungen. Es entstanden mehrere hundert Bilder und Zeichnungen.
Als Ausstellungsort für Art brut konzipiert und 2006 eröffnet, zeigt das
museum gugging Werke der Kunstschaffenden am Ort ihres Entstehens und ist
gleichzeitig Forum für internationale Kunst der Vergangenheit und Gegenwart
unabhängig von Kategorisierungen.
Seit seiner Gründung hat das Museum zahlreiche Ausstellungen, darunter
mehrere mit Arbeiten von Walla ausgerichtet. Mit der umfassenden
Personalausstellung august walla.! weltallende wurde laut Information
des Museums 2012 »eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten unter den |
Gugginger Künstlern in allen seinen Facetten gewürdigt: als Maler, Text- und
Schriftexperimentator und skurriler Land-Art-Künstler«.
Stilistisch zuweilen in der Nähe zur naiven Kunst oder auch dem Gestus von
Kinderzeichnungen stehend, offenbaren Werke der Art brut nicht selten einen
komplexen, von gesellschaftlichen Konventionen völlig freigestellten Blick
und damit die Begegnung ›auf Augenhöhe‹.
So auch im Falle der hier vorgestellten Farb-/Bleistiftzeichnung August
Wallas, Werkverzeichnis-Nummer WAA-98-018, der 1998 auf die bevorstehende
Ablösung der österreichischen Währung durch die Einführung von Euro und Cent
reagierte. Konkret wird hier die 10-Schilling-Münze gleichsam zu Grabe
getragen. Das Blatt ist rückseitig vollständig mit typischer,
handschriftlicher Textpassage - inkludiert die Signatur des Künstlers -
versehen und wie so oft an den Gugging-Direktor Prof. Johann Feilacher
gerichtet. Den mit der Einführung des Euro einhergehenden und allenthalben
praktisch erfahrbaren Werteverfall scheint Walla vorausgeahnt zu haben: die
gezeichnete Schilling-Münze soll für das Doppelte ihres Nominalwertes den
Besitzer wechseln.
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Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hermann Büchner, Kurator der Sammlung Haupt
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