Zuweilen hat
man es bei den monetären Eigenkreationen mit einer humorig-hintersinnigen
oder eher augenzwinkernden Sicht auf Währungsphänomene zu tun, wie
beispielsweise beim »Kretzer« von Helmut King, Jonny Stars »SUPERUSCHIS«
oder dem jüngst in den Bestand genommenen »Marzahner Regionalgeld« von Hans
Hs Winkler. Demgegenüber hat Nikolaus Eberstaller mit seinen
HONEY
MONEY-Banknoten sozial intendierte und deutlich gesellschaftskritische
Aspekte wie Kriege und Umweltschädigungen aufgegriffen.
Einen Schritt weiter
geht Liang Zhipeng mit seiner REFO-Serie, indem er das hochaktuelle und
zugleich heikle Thema der Flüchtlingsbewegung
klar prononciert in seiner globalen Dimension zuspitzt und polemisierend auf
den Punkt bringt: Flüchtlinge als Handelsware in den politischen Rangeleien
von Länderregierungen. Somit räumt ihnen der Künstler den Platz der
Dargestellten auf den Scheinen ein.
Die Arbeit wurde
erstmals 2017 in einer Ausstellung in der UdK Berlin (an der der Künstler
studierte) und zu Beginn diesen Jahres anlässlich des Transmediale/
CTM-Vorspiel-Festivals gezeigt: Liang Zhipeng stellte die Scheine zur
Eröffnung des lifeSpan-Projekts im Berliner
Kunsthaus KuLe vor und bot seine neue politische Währung im Rahmen einer
Performance im Verhältnis 1:1 zum Tausch bzw. Kauf gegen den jeweiligen
Nominalwert in € an.
Zur konzeptionellen Umschreibung hieß es:
In der Geschichte
der Kriege bekämpfen sich Helden und Supermächte im Namen verschiedener
Dinge. Aber Kriegsflüchtlinge können nach dem Triumph selten zusammen ein
Glas Wein trinken, zumeist leiden sie nur. In den letzten Jahren haben viele
Regierungen den neuen Wert von Flüchtlingen herausgefunden: politischen
Einfluss. Die Art und Weise, wie sie Flüchtlinge mit politischem Nutzen
tauschen, macht Flüchtling zur nützlichsten und mächtigsten Währung der
letzten Jahre. Was können Sie bezahlen, wenn es
nicht um Geld geht?
Liang Zhipeng,
geboren 1985, hatte ursprünglich nicht vor, Künstler zu werden. Er wuchs in
einer Ingenieur-Familie auf, beendete selbst ein Ingenieurstudium und suchte
in der akademischen Welt in Deutschland nach Herausforderungen. |
In seinen späten 20ern geht ihm die Frage nicht aus dem Sinn: »Warum machst
du, was du tust?« Als er sich deren Beantwortung näherte, bewarb er sich an
einer Kunstschule und stellte während seiner Zeit an der UdK Berlin fest,
dass all die früheren Erfahrungen, Fragen und Katastrophen ein Netz des
Verstehens bildeten. Er wusste viel besser, dass er eigentlich nichts
wusste.
Er studierte beim Pionier der kinetischen Bildhauerei und Gründer von ART +
COM Prof. Joachim Sauter sowie bei Prof. Alberto de Campo, Professor für
Generative Kunst/Computational Art, schließlich
beendete seine Ausbildung mit einem zweijährigen Studium und einjähriger
Tätigkeit im Atelier von Prof. Ai Weiwei in Berlin.
Wohl wissend, dass diese etablierten Künstler viele beunruhigende Fragen im
Kopf haben, fühlt Liang Zhipeng sich ermutigt, mehr Fragen zu stellen und
keine Angst zu haben, die Antworten zu suchen.
Liangs Arbeiten sind sehr vielfältig, wenn man Material und Methode
betrachtet. Er wählt verschiedene künstlerische Sprachen, je nachdem, was er
sagen will. Das spiegelt das einzigartige Stück Freiheit wider, das er
während seiner zehn Jahre als ausländischer Student und Migrant erworben
hat.
Wenn man seine Werke durchschaut, tut sich ein breitgefächertes Bild einer
Welt auf, die er erlebt – und ein tiefes Gefühl von Menschlichkeit.
Die Sammlung Haupt wünscht allen Empfängern des Newsletters besinnliche
Weihnachten und viel Erfolg, vor allem Gesundheit im kommenden Jahr 2019.
Wir freuen uns, Ihnen auch dann wieder interessante Geldkunst-Arbeiten
vorstellen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hermann Büchner
Kurator, Sammlung Haupt
E-Mail: hb@sammlung-haupt.de
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