So stellte Joseph Beuys 1979 einen Vergleich der Währungen beider deutscher
Staaten her, indem er eine 20-DM-Banknote mit der Aufschrift »Kunst =
Kapital« und das Pendant der DDR-Mark mit dem Begriff »Falschgeld« versah:
›Kunst und Geld‹ reduziert auf die unmittelbare Begrifflichkeit, physisch
realisiert durch die Verwendung der Banknoten selbst. Durch die Signatur des
Künstlers wurden die Geldscheine zu Kunstwerken umkodiert.
Dem letztgenannten Aspekt vergleichbar ist die Arbeit von Andy Warhol. Der
Berliner Kunsthistoriker und Kurator Hubertus Butin hat sie sich genauer
angeschaut:
Im Frühjahr 1962 produzierte Andy Warhol in New York neben einigen
Graphitstiftzeichnungen und Siebdrucken auf Papier auch 44 Siebdrucke auf
Leinwand mit den Motiven von einzelnen oder mehreren rasterförmig
aneinandergereihten US-Dollarscheinen. Jene Werke entsprechen ganz dem Geist
der Pop Art der 1960er-Jahre sowohl aufgrund der Aneignung der Geldscheine
als vorgefundene, banale, industriell produzierte Motive und ihrer
Transformierung in künstlerische Bilder als auch durch die von Warhol
praktizierte serielle Wiederholung des motivisch Immergleichen und aufgrund
der Verneinung jeglichen subjektiven Ausdruckswerts und jeder Symbolik.
Im April 1976 griff der Künstler das Motiv wieder auf, allerdings auf eine
sehr viel direktere Weise: Er nahm eine echte Zwei-Dollar-Banknote mit dem
Porträt des |
amerikanischen Präsidenten Thomas Jefferson, signierte sie mit einem
schwarzen Filzstift auf der Vorderseite, collagierte sie mit einer
13-Cent-Briefmarke und ließ diese von der Post abstempeln. Zusätzlich
platzierte er auf der Rückseite des Geldscheins seinen Namen mit einem
Gummistempel, wie er ihn seit 1966 oftmals auch für seine Druckgrafiken
verwendete. Die Banknote wurde von Warhol also nicht mehr wie in den frühen
1960er-Jahren druckgrafisch auf Papier oder Leinwand reproduziert, sondern
als Ready-made im Sinne eines bereits existierenden, industriellen Produkts
unmittelbar zum Einsatz gebracht. Sowohl durch die handschriftliche Signatur
als auch durch die namentliche Stempelung wird der Geldschein im
Kunstkontext nobilitiert und erscheint nun selbst als Kunstwerk. Warhol
lässt uns auf affirmative Weise die Zwei-Dollar-Note als Bild bewusst
werden, zumal man deren druckgrafische Gestaltung normalerweise kaum im
Detail betrachtet, und macht sie somit zum Gegenstand der Reflexion. Ein
Nebeneffekt ist, dass der Schein durch Warhols Bearbeitung wesentlich
wertvoller geworden ist als er in seiner Funktion als Wertzeichen angibt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hermann Büchner
Kurator, Sammlung Haupt
E-Mail: hb@sammlung-haupt.de
|