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2.11.2020

Neu in der Sammlung:
»Two Dollar Jefferson« (1976) von Andy Warhol

Andy Warhol - Two Dollar Jefferson (1976) © 2020 The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Licensed by Artists Rights Society (ARS), New York

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Neuerwerbung aus der Hand des bedeutendsten Künstlers der amerikanischen Popart Andy Warhol (1928 - 1987) gehört zu jenen Arbeiten im Bestand der Geldkunst-Sammlung Haupt, für die Original-Banknoten den Ausgangspunkt bilden: Künstlerinnen und Künstler haben diese übermalt, beschriftet, zerschnitten (und in Collagen wieder zusammengesetzt) oder gefaltet. Im Ergebnis dieser künstlerischen Aneignung sind Unikate und serielle Blätter in kleiner Auflage entstanden, die das Ausgangsmaterial auf spielerische, humorige und auch kritische Weise verfremden.

 

So stellte Joseph Beuys 1979 einen Vergleich der Währungen beider deutscher Staaten her, indem er eine 20-DM-Banknote mit der Aufschrift »Kunst = Kapital« und das Pendant der DDR-Mark mit dem Begriff »Falschgeld« versah: ›Kunst und Geld‹ reduziert auf die unmittelbare Begrifflichkeit, physisch realisiert durch die Verwendung der Banknoten selbst. Durch die Signatur des Künstlers wurden die Geldscheine zu Kunstwerken umkodiert.

Dem letztgenannten Aspekt vergleichbar ist die Arbeit von Andy Warhol. Der Berliner Kunsthistoriker und Kurator Hubertus Butin hat sie sich genauer angeschaut:
 

Im Frühjahr 1962 produzierte Andy Warhol in New York neben einigen Graphitstiftzeichnungen und Siebdrucken auf Papier auch 44 Siebdrucke auf Leinwand mit den Motiven von einzelnen oder mehreren rasterförmig aneinandergereihten US-Dollarscheinen. Jene Werke entsprechen ganz dem Geist der Pop Art der 1960er-Jahre sowohl aufgrund der Aneignung der Geldscheine als vorgefundene, banale, industriell produzierte Motive und ihrer Transformierung in künstlerische Bilder als auch durch die von Warhol praktizierte serielle Wiederholung des motivisch Immergleichen und aufgrund der Verneinung jeglichen subjektiven Ausdruckswerts und jeder Symbolik.
Im April 1976 griff der Künstler das Motiv wieder auf, allerdings auf eine sehr viel direktere Weise: Er nahm eine echte Zwei-Dollar-Banknote mit dem Porträt des

amerikanischen Präsidenten Thomas Jefferson, signierte sie mit einem schwarzen Filzstift auf der Vorderseite, collagierte sie mit einer 13-Cent-Briefmarke und ließ diese von der Post abstempeln. Zusätzlich platzierte er auf der Rückseite des Geldscheins seinen Namen mit einem Gummistempel, wie er ihn seit 1966 oftmals auch für seine Druckgrafiken verwendete. Die Banknote wurde von Warhol also nicht mehr wie in den frühen 1960er-Jahren druckgrafisch auf Papier oder Leinwand reproduziert, sondern als Ready-made im Sinne eines bereits existierenden, industriellen Produkts unmittelbar zum Einsatz gebracht. Sowohl durch die handschriftliche Signatur als auch durch die namentliche Stempelung wird der Geldschein im Kunstkontext nobilitiert und erscheint nun selbst als Kunstwerk. Warhol lässt uns auf affirmative Weise die Zwei-Dollar-Note als Bild bewusst werden, zumal man deren druckgrafische Gestaltung normalerweise kaum im Detail betrachtet, und macht sie somit zum Gegenstand der Reflexion. Ein Nebeneffekt ist, dass der Schein durch Warhols Bearbeitung wesentlich wertvoller geworden ist als er in seiner Funktion als Wertzeichen angibt.



Mit freundlichen Grüßen

Dr. Hermann Büchner
Kurator, Sammlung Haupt
E-Mail: hb@sammlung-haupt.de

 

 

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 weiterführende Informationen:

· News-Rubrik der Sammlungswebsite

· The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts

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Abbildung:
Andy Warhol - Two Dollar Jefferson (1976), Original-Banknote (2 $), mit aufgeklebter Briefmarke, Poststempel, 6,7 × 15,7 cm,
© 2020 The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Licensed by Artists Rights Society (ARS), New York
Repro: Hermann Büchner

 

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