Hier widerspiegelt sich ein heutiges Phänomen, nämlich die Strategie des
Marktes, eine ganze Symbolik, Patrimonien der Vergangenheit zugunsten des
Kapitalismus auszunutzen.
Das Abbild des ›Segnenden Christus‹ von Memling wird zu einem Zeichen und
trivial umgedreht in Form einer Werbestrategie, welche sich der Rezeption
sofort als Bank-Werbung darbietet. Ich zeige hier die Banalisierung von
Symbolik und kulturellen Werten.
Auf einer anderen Ebene wird die Beziehung zwischen Kunst und Geld betont,
im Sinne der Produktion, der Bestellung, vom Sammler bis zur Kunstmesse.«
Virginie Mossé, geboren 1977 in Frankreich, studierte von 1998 – 2001 an der
Ecole supérieure des Beaux Arts de Cornouaille Quimper, Frankreich, und von
2002 – 2004 an der Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe bei Prof.
Kaminski. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
Mossé hat sich hier für einen recht gewagten Umgang mit einem Inbegriff der
christlichen Ikonografie entschieden, indem sie das Motiv vom Tafelbild
Memlings gewissermaßen auf einen Leuchtkasten montiert, was man durchaus als
Bedeutungssteigerung interpretieren kann: Heiligkeit und Erleuchtung werden
gemeinhin als zwei verwandte Aspekte angesehen. Umso drastischer, wenn auf
den ersten Blick auch eher unscheinbar, ist nun die Metapher, dem
Dargestellten zeitepochenübergreifend eine American-Express-Kreditkarte
zwischen die Finger zu schieben. Dass dieses Element von der Künstlerin
absichtsvoll in die Farbstimmung des Gemäldes umgefärbt wurde, macht das
Ganze eher noch delikater, denn rein von der visuellen Wahrnehmung her wird
sie gar nicht als Fremdkörper empfunden. |
Virginie Mossé nimmt mit ihrer hintergründig konzipierten und obendrein
hinterleuchteten Montage den bildkünstlerischen Ausdruck in einer seiner
wichtigsten Funktionen beim Wort: der Provokation. Sie erläutert dazu:
»Um eine globalere Betrachtungsweise aufzubauen, hinterfrage ich die
Attitüde, die man Kunst nennt, sowie auch ihre Involvierung in die
Konstruktion von Realität und Gesellschaften, untrennbar verbunden mit der
eigentlichen Existenz und dem Akt des Sehens in einer elliptischeren Idee
von Zeit, die dazu aktiviert wird, nachzudenken.
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Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hermann Büchner,
Kurator, Sammlung Haupt
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